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Maritime Archaeologie 17. - 18. Jahrhundert

Die Wracks im Schleswiger Tegelnoor
Karte der Wrackfunde; das tegelnoor ist heute versumpft  

 

 


 

 

Als ich wenige Wochen nach der Wieder-Entdeckung der Tegelnoor-Wracks während eines Vortrages u.a. auch über diesen schönen Befund berichtete, saßen in der ersten Reihe einige Kieler Studenten der maritim-archäologischen Ausrichtung. Man hätte Freude über die Ergebnisse erwarten dürfen. In den Gesichtern dieser Leute stand aber nichts anderes als blankes Entsetzen. Die Mißgunst war so groß. daß sie nicht zu verdecken war; für mich eine deprimierende Erfahrung.

   

Im strengen Winter des Jahres 1996 konnte ich, unterstützt von meinen Mitarbeitern, dem Hydrographen Dipl. Ing. Rolf Siemer (links unten mit roter Mütze) und dem Archäologen Dr. Martin Kolb (rechts unten), einer fast 180 Jahre alten Fundmeldung nachgehen. Da der Fundort vor immerhin gut 135 Jahren von einem Landvermesser kartiert worden war, konnten wir dessen Karte bei der Suche verwenden. Sie erwies sich als durchaus genau: Wir stießen nach wenigen Stunden mit der Pürkhauer-Sonde, einem 2cm dicken Hohlstab, in geringer Tiefe auf Holz. In der Folge wurden die Auftreffpunkte mit einem Tachymeter eingemessen (unten).

Das Ergebnis ist rechts abgebildet. In Tiefen zwischen -1,2 und -2,25 NN (Oberfläche bei 0,4 - 0 m NN) ließen sich ein vollständiger Schiffsrumpf und ein zur Hälfte erhaltener Rumpf ertasten.

Wegen des Grundwasserspiegels konnte nur ein kleiner Einschlag gemacht werden, um Holzproben zu entnehmen. Leider war es nicht mehr möglich, nach den anderen Wracks des Fundes von 1818/ 1822/ 1859 zu suchen.

 
Das Ergebnis der Bohrsondierungen
         
      Dr. Martin Kolb birgt eine Holzprobe
Vermessung der Bohrkontakte
     

Die Schleswig-Tegelnoor- Wracks (bald nach 1608 n. Chr.)


Am 11. Januar 1859 entdeckte de
r dänische Rittmeister und Landvermesser Wilhelm von Sommer im Tegelnoor bei Schleswig jene sieben Schiffswracks wieder (Bericht im K.M.-Archiv), die bereits am 15. Januar 1818 und am 3. Februar 1822 bei ähnlichen Wetterbedingungen sichtbar geworden waren. Ein Südweststurm hatte große Wassermengen aus der Schlei gedrückt, so daß der Wasserspiegel um etwa 1,5 m gesunken war. Die Schiffswarcks waren im Zufahrtsbereich des sackförmigen Noores in einer Doppelreihe angeordnet. Von Sommer hatte zwei der Schiffswracks freilegen, ausmessen und beschreiben können; Zeichnungen eines der beiden Wracks und eine Skizze des Gesamtbefundes vervollständigen die erste schiffsarchäologische Untersuchung Nordeuropas.

Im Januar des Jahres 1996 bot sich bei strengem Frost die Gelegenheit, dem Fund von 1818/1859 im Gelände nachzuforschen. Nur bei solchem Frostwetter schien es möglich zu sein, auf der seit 1958 versumpften ehemaligen Noorfläche zu arbeiten. Die Vermessungsskizze des Königlichen Landvermessers erwies sich als erstaunlich genau: Bereits nach wenigen Stunden Suche auf der Ostseite des ehemaligen Noores stieß man bereits nach zwei Stunden in 1,90 Meter Tiefe auf einen festen Widerstand. In der Folge gelang es dann, die Umrisse eines Schiffes (Schleswig- Tegelnoor Wrack 1).von mindestens neun Metern Länge und etwas über drei Metern Breite zu ertasten. Die Kontaktstellen wurden durch Holzpflöcke markiert und eingemessen; auch die Auftrefftiefen wurden berücksichtigt. Am darauffolgenden Tag wurde das Wrack eines zweiten Schiffes entdeckt, das mit gleicher Ausrichtung nur drei Meter neben dem ersten Bootsfund liegt (Schleswig- Tegelnoor Wrack 2). Das Schiff war ursprünglich mindestens 15 Meter lang und um vier Meter breit. Dieses Wrack ist allerdings nur über eine Länge von acht Metern erhalten.

Vom 29. bis 31 Januar wurde dann bei immer noch eisigem Wetter versucht, sich an einer bugnahen Stelle an Schleswig-Tegelnoor Wrack 1 heranzugraben. Die Grabung hatte zwei Ziele: Zunächst sollte geprüft werden, ob es sich tatsächlich um einen Schiffsfund handelte. Als zweites sollten Holzproben gesägt werden, die das Alter des Fundes umgrenzen ließenTrotz des sehr weichen undwasserreichen Bodens gelang es schließlich, 1,40 m unter der Oberfläche (= 1,20 m unter Normalnull) Teile eines aus Eiche gebauten Schiffes zu erreichen

 

 

Über die Konstruktion des Fahrzeuges war wegen der extrem kleinen Grabungsfläche (1.20 x 1.50 m) naturgemäß nichts zu erfahren. Der Bodenaufbau an der Fundstelle zeigt, daß die beiden bis jetzt erfassten Schiffe an einem alten Ufer versenkt worden sind. Sie liegen in der Längsachse leicht geneigt. In der Querachse dürften sie mehr oder weniger auf ebenem Kiel stehen. Die erfaßten Schiffsteile liegen zwischen 2.25 und 1,20 m unter NN, was mit von Sommers Angaben („Wasser war um fünf Fuß unter den normalen Stand gesunken) übereinstimmt

Es konnten insgesamt vier Holzproben entnommen werden, die nach Untersuchungen des Dendrochronologischen Labors Dr. Leuschner, Göttingen, alle vom selben Baum stammen; die Ergebnisse lagen bereits am 6. Februar vor: Die für dendrochronologische Arbeiten sehr ungünstig tangential zugesägten Planken ergaben Wachstumszeiten von 1506 bis 1608 ; es fehlten allerdings Splint oder Waldkante, so daß eine Datierung nur mit der Aussage "nach 1608" angegeben werden kann. Dies ist eine ziemlich vage Angabe, wenn man nach der Datierung eines Schiffswracks sucht. Einmal können natürlich noch eine ganze Reihe von Wachstumsjahren vergangen sein, bis das beprobte Bauholz geschlagen und verarbeitet worden ist. Zum anderen ist bei einer derart punktuell entnommenen Probe überhaupt nicht zu bewerten, ob es sich um Holz handelt, das bereits beim Bau des Schiffes verarbeitet worden ist, oder ob es sich um ein Reparaturholz handelt, das unter Umständen Jahrzehnte nach dem Schiffsbau eingebaut werden mußte. Endlich gilt noch zu berücksichtigen, daß man mit der Holzdatierung nur eine Bauzeit des Schiffes erhält, nicht aber die Zeit, in der das Schiff zum Wrack wurde. Das Ereignis von Versenkung oder Untergang kann in diesem Fall also nur in einem größeren Zeitrahmen gesucht und vermutet werden. Dieser Zeitrahmen dürfte mit der Angabe "1. Hälfte des 17. Jahrhunderts" vorsichtig genug beschrieben sein.